Aktuell werden südlich der Ortslage von Saarlouis-Lisdorf umfassende Pflegemaßnahmen im sogenannten „IKEA-Biotop“ durchgeführt. Das 1997 von der Kreisstadt Saarlouis als Ausgleichsfläche geschaffene Feuchtgebiet hat sich zu einem Hotspot der Artenvielfalt für Tiere und Pflanzen entwickelt und ist als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Die dortige Wasserfläche und umgebenden Schilfgürtel sind seit der Entstehung durch natürliche Pro-zesse immer weiter verschlammt und in den vergangenen Dürresommern zeitweise vollständig ausgetrocknet. Um der zuletzt negativen Entwicklung entgegenzuwirken, wurde durch die Kreisstadt Saarlouis eine umfassende Pflegemaßnahme beschlossen und finanziert.
Im sonst beschaulichen Feuchtbiotop östlich des Gewerbegebiets „Im Hader“ rollen aktuell Bagger und LKW. Schweres Gerät ist erforderlich, um Tonnen an Erdmassen zu bewegen. Dieser kurzzeitige Eingriff in die sensible Ökologie ist eine nötige Pflegemaßnahme zum Erhalt des Gebiets. „In der von Menschenhand angelegten Ausgleichsfläche führt auch an menschlicher Pflege kein Weg vor-bei“, sagt Dr. Sebastian Kiepsch, Leiter der im Biotop ansässigen Vogelberingungsstation des NA-BU. „Organisches Material mit Laub, Altschilf und anderen verrottenden Pflanzen hat sich über die Jahre vor allem in den flachen Gewässerabschnitten als Schlammschicht abgelagert und wurde nicht vollständig abgebaut“. Aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre sind die Wasserflächen in den Sommermonaten mehrmals über längere Zeiträume ausgetrocknet und junge Gehölze haben die ehemals offene Wasserfläche fast vollständig bedeckt. „Für Amphibien und wassergebundene Insekten wie Libellen und Wasserkäfer war dies fatal“, so Kiepsch. „Dieser Verlust an Lebensraum und Nahrung hat sich auch unmittelbar auf die Brutvögel ausgewirkt. Insektenfresser wie der Teichrohr-sänger zeigten seit 2019 große Bestandseinbrüche“.
Gemeinsam mit der Kreisstadt Saarlouis als Flächeneigentümerin, dem Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) und den beiden Gutachterbüros GFLplan und MILVUS wurde 2021 mit der Planung begonnen, wie man ohne eine Schädigung der ansässigen Tier- und Pflanzenarten eine möglichst wirksame Maßnahme durchführen kann. Die nun gewählte Lösung sieht eine schrittweise Entschlammung in Teilflächen vor, um stets Rückzugsräume für die gewässergebundenen Arten ungestört zu erhalten. Die entnommenen Erdmassen werden im Gebiet wieder eingebaut und im östlichen Randbereich zur Saar als Erdwall aufgeschüttet. Dadurch sollen auch die von außen wirkenden Störungen durch den vielgenutzten Saar-Radweg weiter abgeschirmt werden. Nach der Entschlammung wird die Wasserfläche durch Anlegen von Vertiefungen, Inseln und einer Kiesbank nochmal in der Struktur aufgewertet.
Für einen ersten Abschnitt wurden durch die Stadt Saarlouis finanzielle Mittel bereitgestellt. Die Ausführung der Arbeiten erfolgt in den kommenden Wochen durch die Firma Jens Backes. Das Unternehmen ist auf ökologischen Landschaftsbau im Gewässerumfeld spezialisiert und verfügt neben speziellen Maschinen für den Einsatz in Sumpfgebieten auch über großes Know-How und Erfahrung. Im Saarland wurden durch den Betrieb bereits zahlreiche Renaturierungen umgesetzt, wie z.B. die Umgestaltung des Beeder Bruchs nahe Homburg. Etwa 700 m³ Erdmassen sollen im „IKEA-Biotop“ in den kommenden Wochen bewegt werden. Die Arbeiten vor Ort werden auch während der gesamten Durchführung mit einer ökologischen Baubegleitung kombiniert. Eine negative Auswirkung der Maßnahmen auf die aktuell dort rastenden Zugvögel konnte bislang nicht beobachtet werden. Im Gegenteil: „Die gerade entstehenden Flachwasserzonen und Schlammbänke wurden sofort von Blaukehlchen und Bekassinen genutzt“, sagt Sebastian Kiepsch – „Ein erstes Anzeichen für einen Erfolg für diese beiden seltenen Rastvogelarten“.
Hintergrund
Vor exakt 25 Jahren siedelte sich das schwedische Möbelhaus IKEA in der Saaraue bei Saarlouis-Lisdorf an. Als Ausgleich für das neu geschaffene Gewerbegebiet „Im Hader“ wurde durch die Kreisstadt Saarlouis bereits ein Jahr zuvor (1997) ein ca. fünf Hektar großes Feuchtgebiet als ökolo-gische Kompensationsfläche renaturiert. Dieses sogenannte „IKEA-Biotop“ wurde auf ehemaligen Ackerflächen als Feuchtbiotop mit offener Wasserfläche und umgebender Feuchtvegetation mit breiten Schilfgürteln und anderen Röhrichten gestaltet. Durch weitgehend natürliche Entwicklung mit Pflege durch ehrenamtlich Aktive des NABU ist über die Jahre ein vielgestaltiger Lebensraum mit unterschiedlichsten, mosaikartigen Vegetationsformen entstanden. Das IKEA-Biotop ist aufgrund der hohen Bedeutung für brütende und rastende Vögel als Teilfläche des Natura 2000-Vogelschutzgebiets „Rastgebiete im mittleren Saartal“ ausgewiesen. Innerhalb des IKEA-Biotops betreibt der NABU Saarland die Vogelberingungsstation „Mittleres Saartal“. Bis heute wurden im Gebiet 194 Vogelarten nachgewiesen.
Für Rückfragen
Sebastian Kiepsch, Stationsleiter NABU-Beringungsstation „Mittleres Saartal“
Tel.: +49 (0)176 62646519, E-Mail: sebastian.kiepsch@NABU-saar.de