An der Kreuzung von Hohenzollern-Ring und Titzstraße, gegenüber des Robert-Schuman-Gymnasiums, befindet sich der Gutenbergplatz. Dort wurde in den vergangenen Monaten die ehemalige Unterführung zurückgebaut und die baulich wie optisch verkommene Freifläche in einen hellen, modernen Stadtplatz transformiert. Der Gutenbergplatz dient zukünftig als Standort für das Kunstwerk „Wer wir sind…“Hierbei handelt es sich um das Ergebnis eines vom Institut für aktuelle Kunst im Auftrag der Europastadt Saarlouis durchgeführten Künstlerwettbewerbes, den der Saarlouiser Stadtrat auf Initiative des Integrationsbeirates ausgelobt hatte, um an prominenter Stelle in der Innenstadt ein Mahnmal für die Opfer von Hass, Diskriminierung und Gewalt zu erschaffen. Der Platz wurde nun in einer Feierstunde mit zahlreichen Gästen offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Oberbürgermeister Marc Speicher begrüßte die Anwesenden und schilderte kurz die einzelnen Schritte zur Umsetzung des Projektes sowie die historischen Hintergründe der Platzwahl. „Der Gutenbergplatz liegt in direkter Nähe zu einer historischen Druckerei. Mit seiner Benennung erinnert er an die reiche Buchdrucker- und Verlagsgeschichte der Kreisstadt Saarlouis“, schilderte Speicher. Er dankte dem Ministerium für Inneres, Bauen und Sport als Fördermittelgeber, dem Stadtrat, dem Integrationsbeirat, der Kunstkommission, der Künstlerin, den zuständigen Fachämtern im Rathaus, dem Neuen Betriebshof Saarlouis, dem Robert-Schuman-Gymnasium und allen, die an der Planung und Realisierung der Maßnahme sowie der würdevollen Gestaltung der Veranstaltung beteiligt waren.
„Jeder Einzelne trägt in einem demokratischen Gemeinwesen Verantwortung dafür, dass Hass und Ausgrenzung keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, so Speicher, auf dessen Ansprache eine musikalische Darbietung von Schülern des Robert-Schuman-Gymnasiums folgte. Speicher weiter: „Dieser Platz ist eine städtebauliche Verbesserung, er steht als offener Platz für eine offene Gesellschaft und er lädt ein zum Verweilen, Bleiben und Nachdenken.“
„Ein globales, tief verwurzeltes Problem“, nannte Patrizio Maci, der Vorsitzende des Integrationsbeirates, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. „Es sei unabdingbar, Schicksale, die in Vergessenheit geraten oder auch nicht immer offen sichtbar sind, zu würdigen und an sie zu erinnern“, sagte er.
Gertrud Riethmüller erläuterte die Intention hinter ihrem Werk „Wer wir sind...“: „Den Mittelpunkt bildet eine runde Platte aus Cortenstahl, in die fünf kleine Findlinge aus Basalt eingelassen sind. Innerhalb der umlaufenden Wegführung stehen in loser Anordnung fünf große Basaltstehlen. In diese rund 170 bis 200 Zentimeter hohen Natursteine sind die Sätze ausgegrenzt – alleine am Rand, missbraucht – des Vertrauens beraubt, geschlagen – für immer gezeichnet, gehasst – innerlich zerrieben, bedroht – tief in Angst versetzt –eingraviert: Sie stehen für jeweils spezifische Opfererlebnisse und ermöglichen so einen emotionalen Einstieg in die Thematik“, so die Künstlerin.
Die kleinen Basaltsteine in der Mitte der Cortenstahlplatte sollen Empathie, Zivilcourage oder Verantwortlichkeit implizieren. Sie stehen aber auch für Personen und Institutionen, die aus der Mitte heraustreten, um sich für Opfer einzusetzen und ihnen aktiv zur Seite stehen – so wie sinnbildlich auch die kleinen Ausschnitte der Cortenstahlplatte neben den großen Basaltfindlingen liegen.
Den Abschluss des offiziellen Teils bildete die Rede von Ricarda Kunger, der Vorsitzenden der Synagogengemeinde Saar. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Diese Worte sind nicht nur ein rechtlicher Grundsatz, sondern eine moralische Verpflichtung, die uns alle betrifft. Es ist die Aufgabe aller staatlicher Gewalt, diese Würde zu achten und zu schützen. Doch nicht nur der Staat ist gefordert – auch wir als Gemeinschaft tragen diese Verantwortung.“
Die Platzgestaltung plante das Büro CS – Carlos Stuckert Landschaftsarchitekt, die Ausführung übernahm die Firma Holger Nalbach Garten- und Landschaftsbau. Neue Grünstrukturen, neue und mehr Bäume als bisher sowie die entsiegelten Flächen formen nun den Platz und fungieren als Verdunstungs- und Retentionsflächen, während blühende Bäume in der Platzmitte Atmosphäre und Identität schaffen. Ein Wasserspiel mit feiner Wasserverneblung sorgt zusätzlich für Kühlung und trägt zur unmittelbaren Verbesserung des Mikroklimas bei.
Der Gutenbergplatz steht zukünftig für eine offene Gesellschaft, ohne Platz für Hass, Diskriminierung und Gewalt. Fotos: Petra Molitor