Margarete Bardo, Delphine Motte, Lisa Stromsky-Stockhausen und die Borromäerinnen: An diese verdienten Persönlichkeiten erinnern nun vier Plätze im Herzen der Saarlouiser Innenstadt. Ein wichtiges Mittel, um die Verdienste von Frauen in der Stadtgeschichte sichtbar zu machen und ihr Wirken öffentlich zu würdigen.
„Vier neue Orte des Erinnerns zeigen in Zukunft, wie wichtig das Wirken von Frauen in unserer Stadt schon immer gewesen ist“, erklärte OB Peter Demmer inmitten von mehr als 50 Gästen, die sich trotz Rekordtemperaturen in der Saarlouiser Innenstadt versammelt haben, um eine besondere, vierfache Platzbenennung zu feiern. Bislang namenlos waren nämlich die je zwei parallel gelegenen Innenhöfe in der Weißkreuz- und Bibelstraße. Sie tragen nun die Namen verdienter Frauen der Saarlouiser Stadtgeschichte.
Die Geschichte von Saarlouis sei in vielfältiger Art von Frauen geprägt, erklärte Hella Arweiler für den Frauenhistorischen Arbeitskreis im Lokalen Bündnis für Familie. Doch in der historischen Betrachtung liege der Schwerpunkt auf männlichen Persönlichkeiten. „Wir möchten die Frauen der Stadt und ihr Wirken betrachten, dokumentieren und sichtbar machen“, sagte Arweiler. „Die Benennung von Straßen und Plätzen ist dafür ein wichtiges Mittel.“
Bereits 2013 fasste der Kulturausschuss den entsprechenden Beschluss, bei zukünftigen Straßenbenennungen verstärkt weibliche Persönlichkeiten zu berücksichtigen. Mit den beiden „Hall of Fame“-Broschüren hat der Frauenhistorische Arbeitskreis zwischenzeitig das Leben und Wirken verdienter Frauen in Saarlouis aufbereitet. Die Vorschläge der Benennung der vier Innenhöfe wurden schließlich in einem Voting durch die Frauen im Lokalen Bündnis ermittelt. Ende 2020 sprach sich der Stadtrat für die Benennung aus, die offizielle Einweihung wurde pandemiebedingt erst jetzt durchgeführt.
Bei der offiziellen Einweihungsfeier wurde das Wirken der Namenspatinnen in Form kurzer Interviews vorgestellt.
Margarete Bardo (1916-2000), Aktivisitin für Gleichberechtigung, Unternehmerin
„In unserer Community ist Margarete Bardo eine Legende“, betonte Irene Portugall vom Vorstand des LSVD Saar. „Unsere Lobbyarbeit ist gut gelungen, weil es Rückzugsorte gab, in der Zeit als Homosexualität noch kriminalisiert war.“ Mit ihrem Lokal bot „Madame“, wie Bardo anerkennend genannt wird, einen gesicherten Raum, trotzte Razzien und Angriffen, bei denen ihr Laden „drei Mal kurz und klein geschlagen wurde“. Portugall: „Ihr Lachen war ihr Markenzeichen. Nach Mitte der 70er-Jahre hat sie ihr Lokal geöffnet und eine bunte Vielfalt zugelassen. Die Wege die wir heute gehen, hat sie in Miniatur vorgezeichnet.“
Borromäerinnen (Konvent Saarlouis von 1810-1939), Aktivistinnen für Mädchenbildung und Armutsbekämpfung
Für die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus aus Nancy war Saarlouis war 1810 die erste Gründung im Ausland. Ziel der Ordensschwestern, damals wie heute: Not zu lindern und die Barmherzigkeit auszuleben. Das berichtete die Borromäerin Schwester Waltraud vor Ort. In Saarlouis hatte sich die Kongregation seinerzeit sowohl in der Kranken- und Armenpflege engagiert, als auch in der Erziehung und Mädchenbildung. Anlässlich der Platzbenennung verlas Dr. Claudia Wiotte-Franz zudem eine Grußbotschaft der Schwestern aus Nancy, die wegen eigener Feierlichkeiten nicht persönlich zugegen sein konnten.
Delphine Motte (1816-1898), Aktivistin für Armutsbekämpfung, Wohltäterin
Als Tochter eines Notars war Delphine Motte nach dem Tod ihrer Eltern Erbin eines stattlichen Vermögens und setzte sich als Wohltäterin für die Menschen in Saarlouis ein. „Sie hat die Nöte in der Stadt und ihrem Umfeld gesehen und sich nach ihren Möglichkeiten eingebracht“, erklärte Dr. Claudia Wiotte-Franz. Motte stellte den Franziskanerinnen zunächst ihr Wohnhaus zur Verfügung und schenkte ihnen später ein von ihr erworbenes Haus zur Krankenpflege. Darüber hinaus förderte sie die Franziskanerinnen finanziell und materiell. Daneben unterstützte sie unter anderem auch die Kirche sowie den städtischen Frauenverein.
Lisa Stromsky-Stockhausen (1921-1999), Aktivistin für Völkerverständigung, europäischen Gedanken, Schriftstellerin.
Lisa Stromsky-Stockhausen erlebte als junge Erwachsene die Schrecken des Krieges, floh in dieser Zeit nach Bayern und kam mit einigen Zwischenstationen schließlich nach Saarlouis. „Aufgrund ihrer Lebenserfahrung hatte sie ein starkes Interesse an Politik“, erklärte ihr Sohn Georg Stockhausen. „Sie kam zu dem Entschluss, sich nach ihren Möglichkeiten für Europa und für den europäischen Gedanken zu engagieren.“ 20 Bücher mit Lyrik und Prosa, ein Bühnenstück und ein Hörspiel zählt das Werk von Lisa Stromsky-Stockhausen. „Sie hat historische und gesellschaftspolitische Themen aufgegriffen und bearbeitet“, erzählte Stockhausen. „Dabei stammen Themen und Menschen in ihrer Literatur überwiegend aus ihrempersönlichen Umfeld.“